Das erste Mal, dass ich in meinem Leben mit Kompostiertoiletten Bekanntschaft schloss, indem ich sie benutzen musste, war während meines Aufenthaltes in der experimentellen, eher hard-core-mäßigen Escape3points Öko-Lodge im abgelegenen Cape Three Points in Ghana. Der Architekt hatte in eigener Regie das Clivus Multrum Toilettensystem nachgebaut, welches vom Schweden Rikard Lindström 1939 erfunden worden war. Die Interpretation dieses Modelles sah folgendermaßen aus:
Dieses Kompostiertoiletten System ist über einer großen Sammelkammer unter der Toilette aufgebaut, welche Flüssiges und Festes zusammen aufbewahrt und "sur place" in fruchtbare Erde umwandelt.
Menschen benutzen eine Toilette ca. fünf Mal pro Tag und produzieren dabei rund zwei Liter Urin. Der Hauptvorteil von Kompostiertoiletten ist zweifelsohne, dass bei ihrem Betrieb kein wertvolles Frischwasser verschwendet wird und dass sie kein Abwasser produziert. Abwasser muss sicher aufbewahrt und gereinigt werden, bevor es wieder in die Natur zurückfließen kann. Kompostiertoiletten umgehen diese Angelegenheit indem sie nur das sammeln, was Menschen direkt hinterlassen um es in einem längeren Kompostierprozess von schädlichen Mikroorganismen zu reinigen in dem nützliche Mikroorganismen die Menge zu Kompost wandeln.
Jahrhunderte lang wurde weltweit, vor allem auch in Asien, Fäkalien von Mensch und Tier in den Städten eingesammelt und an die Bauern vor den Stadttoren verkauft. Nicht erstaunlich, dass eines der weltweit größten Kompostiertoiletten Projekte 2002 in einer boomenden Kohlegrubenstadt im Nordosten Chinas namens Ordo initiiert wurde (um später zu scheitern). 14 Apartment Häuser mit insgesamt 830 Wohnungen wurden mit Kompostiertoiletten geplant, in erster Linie weil in dieser Gegend Chinas großer Wassermangel herrscht. Das Stockholmer Institut für Umwelt schlug dieses Projekt vor, weil es darin eine Herausforderung sah, wie so ein auf dem Land bewährtes System in einem Stadtentwicklungsprojekt zum Funktionieren zu bringen wäre. Wen es interessiert zu erfahren, woran genau das Projekt gescheitert ist dazu hier der Link: Composting Toilet Project in Ordos, China
Anfreundung mit der Idee ohne Wasser Häufchen zu machen
Ausschlaggebend für meine Anfreundung mit dieser Idee waren meinen zwei Saisons Mitarbeit in Ngapali's feinsten Strandhotels, wo ich beobachten konnte wie schwer sich die Stadtverwaltung damit tat, eine umweltfreundliche Lösung für die vollen Schwarzwassertanks der Hotels zu finden. Einige Hotelbesitzer waren auch nicht bereit, fürs Abpumpen der dreckigen "Sauce" die stadteigenen Tanklastwagen zu bezahlen. Damals erinnerte ich mich an die durchaus angenehmen Sitzungen auf besagten Kompostiertoiletten in Ghana. Da war absolut kein schlechter Geruch gewesen, nur wenn ich von hinten in den Sammeltank unter die Toilette schaute, war das nicht so ein schöner Anblick! Dies lag an der Tatsache, dass das Clivus Multrum System nicht Festes von Flüssigem trennt. Es hat zur Folge, dass sich am tiefsten Teil der Sammelkammer übelriechendes Sickerwasser sammelt. In jener Öko-Lodge leiteten sie dieses Sickerwasser ganz einfach durch ein (verstopftes) Rohr weiter raus in den Boden. Das gefiel mir auch nicht ganz, weshalb ich begann mich nach einem saubereren System umzuschauen, das kein solches Sickerwasser produziert.
Unsere Arakan Nature Lodge bezieht alles Frischwasser aus den offenen Brunnen auf unserem Land. Es war für mich klar, dass ich weder leckende Abwassertanks noch irgendwelche Schläuche mit dreckigem Sickerwasser in die Erde leiten wollte.
Glücklicherweise fand ich meinen Weg zum Bau von urin-separierenden (trockenen) Kompostiertoiletten. Hier wird Urin separat aufgefangen und ist sofort für Düngung einsetzbar, während am "festen Ende" kein Sickerwasser entsteht. Wostman Trocken Kompostiertoiletten kamen auf den Plan, weil sie genau wie jede normale Toilette aussehen, aus Porzellan also und bequem zu benutzen sind. Ich war mir dabei bewusst, dass unsere Toiletten von den Lodge Besuchern einfach zu handhaben sein müssen, damit unsere Gäste nicht mit einem langen Prozess des Akzeptierens konfrontiert sind. Im Gegenteil wäre ein Ziel erreicht wenn sich unsere Gäste ob der perfekten Funktionalität sogar erstaunen und an den Toiletten echt freuen.
Unser erste Prototyp
Der Bau eines ersten Prototyps fiel mir nicht leicht. Immer wieder schob ich den Baubeginn auf die lange Bank. Heute ist mir klar, dass dies durch meine eigene Abscheu vor schlechten Gerüchen kombiniert mit der Angst, dass es doch nicht funktionieren könnte, verursacht war. Ein Indischer Ingenieur, der selbst eine neuere Art Kompostiertoiletten in Myanmar vertreibt, sagte mir ins Gesicht dass mein Plan hier nicht funktionieren würde. Er bemühte sich mir stattdessen seine indische Version von Enbiolet Toiletten aufzuschwatzen, das Wasser benutzt und unter Zugabe von fünf nützlichen Bakterien innerhalb von 24 Stunden Exkremente in Wasser und CO2 umwandeln soll. Tönte für mich etwas zu schön als wahr zu sein!
Im vergangenen Dezember gab ich mir den entscheidenden Ruck. Die schöne Wostman Toilette hatte echt lange genug hier rumgestanden! Wir begannen also den Bau mit der nur 60 cm hohen Auffangkammer aus Backstein und Zement. Ein großes PVC Rohr wurde in die Zementdecke eingelassen, welches als Verlängerungsrohr der Toilette nach Unten dient. Eine weitere Öffnung im Boden wurde frei gelassen für den Sammelschlauch des Urins welcher in einem Kanister hinter der Toilette endet der wenn voll einfach mit einem neuen Kanister ausgetauscht werden kann.
Ein langes PVC Rohr von 10 cm Durchmesser wurde durch den Toilettenboden in die Sammelkammer integriert. Dieses Lüftungsrohr endet hoch über dem Toilettendach und ist nach Außen mit einem im Wind rotierenden und Sog erzeugenden Kaminreiter versehen. Dieser ist zentral wichtig um die Entlüftung des Sammelraumes zu garantieren.
Schließlich war es soweit, die Wostman Toilette über das Ausgangsrohr zu hieven und im Inneren luftdicht anzuschließen. Zum Schluss stellten wir einen mit etwas Erde gefüllten Sammelbehälter unter das Ausgangsrohr welches die Leerung flexibel gestaltet und einfach rein zu halten ist.
Letztgütig machten wir vor der praktischen Einweihung einen Luftabzugstest. Wir brachten ein Gefäß glühende Kohle her, legten Weihrauchstücke darauf und platzierten die rauchende Schale in der Auffangkammer direkt unter die Toilettenöffnung. Wir wollten herausfinden, ob der Rauch es die Toilette hoch schaffen würde. Die untere Kammertür wurde geschlossen und wir öffneten oben den Toilettendeckel....schnupperten eifrig doch keine Spur von Weihrauchgeruch weit und breit! Stattdessen sahen wir wie oben im Abzugsrohr Weihrauchschwaden aus dem sich drehenden Reiter abzogen.
Nun ist die Toilette seit einem Monat in Gebrauch und sie funktioniert perfekt. Eine solche Toilette zu bauen ist teurer als eine Wassertoilette, weil wir das coole Model aus Schweden einführen müssen. Jedoch sind wir nun ganz überzeugt davon, dass sich diese Investition für uns lohnt!
Die Wostman Eco Dry wird unsere Gäste erfreulich überraschen, einfach zu akzeptieren wenn nicht zu mögen sein. Sie wird unserer Lodge ein ganz zentrales Element des nachhaltigen Wirtschaftens geben und in Myanmar beispielshaft für den Bau echter Öko-Lodges hier und da Aufruhr stiften, aber auch anerkennt werden.
Aber nun, wie kompostieren wir denn die Häufchen und was machen wir genau damit? Kompostierung braucht Zeit. Darüber berichte ich gerne in einem späteren Blog.