Paul Schreiber ist Student des Masterprogramms Nachhaltiges Tourismusmanagement der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Er macht bei uns sein viermonatiges Praktikum und erzählt, wie er die Ankunft erlebt und seine Arbeit aufgenommen hat.
Pauls Bericht
Nach einem Jahr in Indonesien, einem Winter in Südafrika und Monaten des Reisens in Europa, Afrika und Asien fand ich nach meiner Ankunft das, wonach viele andere und auch ich so lange suchen: den einsamen Strand mit kristallklarem Wasser und schöner Landschaft im Hinterland. Dementsprechend unproblematisch war der Bezug des noch komplett leeren Bungalows. Wasser, Toilette, Strom oder ein richtiges Bett waren nicht notwendig, denn mein Arbeitsplatz im Liegestuhl auf der Terrasse mit Meerblick war mehr als nur eine Entschädigung.
Die ersten Tage wurden genutzt, um sich mit der Anlage, der Idee unserer Nature Lodge und der Umgebung vertraut zu machen. Die ersten Spaziergänge durch Zikhone waren geprägt von starrenden Blicken und verhaltenen Begrüßungen. Doch mit den Tagen wich der starrende Blick einem Lächeln und aus den verhaltenen Grüßen wurde ein einladendes „Mingalarbar“.
Ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit ist die Involvierung der Einwohner in die Idee der Lodge. Damit wir eine konkrete Idee davon bekommen, was in Zikhone gerade allgemein passiert, mit welchen Problemen unsere Nachbarn konfrontiert sind und welche Hoffnungen sie in unser Projekt haben, wurde nach einer Zeit des Kennenlernens zu verschiedenen inoffiziellen Diskussionsrunden eingeladen. Um einen vielfältigen Eindruck zu erhalten, wurden zunächst die Dorfältesten begrüßt. Dem folgte die örtliche Frauengruppe und abschließend die Jugendgruppe. Insgesamt waren über 30 Bewohner (bei 101 Häusern) in die Gespräche involviert. So wandelte sich für mich die Vision des traumhaften Strands in die Realität des kleinen Orts Zikhone, mit all seinen Problemen und Herausforderungen.
In der zweitärmsten Region Myanmars sind die Jobchancen ohnehin gering, erst recht dann, wenn der vor der Haustür liegende Golf von Bengalen seit Jahren überfischt ist und somit kein gesichertes Einkommen mehr generiert. Die Aussicht auf eine Anstellung bei uns ist somit für viele eine Hoffnung. Besonders interessant war der Wunsch, dass wir aktiv im Dorf partizipieren. In allen Gesprächen wurde der Wunsch geäußert, dass wir bei verschiedenen Dorfprojekten nicht nur Geld sondern gerne auch unsere Expertise zur Verfügung stellen sollen. Vor allem bei der Koordination der einzelnen Dorfgruppen ist dies gewünscht. Der letzte für uns bedeutsame Punkt ist die Bildung. Das Gespräch mit der Jugendgruppe war dabei aus meiner Perspektive sehr schwierig, da Menschen in meinem Alter mir erzählten, dass sie trotz Schulabschluss und teils sogar Ausbildung an der Universität über keinerlei Bildung verfügen, da sie weder Englisch sprechen noch einen Computer bedienen können. Hier haben wir auch unseren ersten Ansatzpunkt gesehen und zeitnah einen Englischkurs gestartet. Geplant für 2-3 Unterrichtsstunden die Woche, fragten die Teilnehmer bereits nach der ersten Stunde, ob wir nicht täglich einen Kurs anbieten können. Spontan sagten wir zu und sitzen nun jeden Mittag zusammen, lernen und sprechen Englisch. Man merkt bereits, dass dadurch das Vertrauen in unsere Lodge weiter wächst, da wir nicht nur erzählen was wir vorhaben, sondern auch versuchen, die geäußerten Wünsche umzusetzen.
Und so wurde aus dem einladenden „Mingalabar“ sogar ein herzliches „How are you?“. Mittlerweile spielen wir auch täglich Volleyball zusammen und auch der Kontakt zu unseren oft spontan auftauchenden Besuchern aus aller Welt wird von den Dorfbewohnern immer aktiver gestaltet. Als zwei meiner Kommilitonen für ein Interview zu uns an die Küste gereist sind, wurden wir vom Dorf umgehend zu einem Volleyballmatch herausgefordert.
Einen weiteren wichtigen Anteil in unserer Lodge soll die Wertschätzung lokaler Produkte erhalten. Somit wurden mehrere kleine Produktionsstätten besucht, die als potenzielle Partner in Frage kommen. Die Arbeitstechnik des Schmieds mit Hilfe eines Blasebalgs und die klassische Kokosölproduktion mit einem Ochsen an einer Mahlvorrichtung waren sehr interessant. Erschreckend hingegen war die Haltung der Legehennen für die örtliche Eierproduktion. Beide Produzenten sperren die Hennen in Batteriekäfigen ein und lassen sie unter schlimmsten Bedingungen die Eier legen. Nach dem Ueli die Fotos gesehen hatte, war schnell klar, dass wir eine tiergerechtere Versorgung wollen. Es reifte die Idee einer durch die Lodge mikro-finanzierten, von ein bis zwei Familien im Dorf betriebenen, kleinen Hühnerfarm, die bis Mitte März fertig gestellt sein und unsere Gäste zuverlässig mit Eiern versorgen soll.